Einsiedler

Der Frühling ist da. Die Sonne lacht. Die Decke fällt mir auf den Kopf, abends halb acht. Es treibt mich hinaus, raus in die Natur. Ich schnapp’ mir ‘n Buch und trete in den Flur. Die Treppe hinunter, an die frische Luft. Raus aus der Enge, rein in den Frühlingsduft.

Über Brücke und Wehr, dem Ziel entgegen. Direkt am Ufer, am Neckar gelegen. Das saftige Grün, die letzte Stadtidylle, lädt zum Verweilen ein, ein Ort der Stille.

An bekannter Stelle lasse ich mich nieder. Mein Rückzugsort, hierher komme ich immer wieder. Die Zehen im Gras, das Buch in der Hand, sitze ich spätabends hier, am Kanalrand.

Die Bienen summen. Der Vogel zwitschert. Die Paare quatschen. Das Wasser plätschert. Auch an ruhigen Orten ist es nicht geräuschlos. Die Ausnahme bin ich. Ich sitz völlig lautlos, vertieft ins Buch, in phantastische Geschichten, verträumt, und manchmal auch am Dichten.

Ich wäre diesem Abend auch gern zu zweit, aber leider hattest du wieder keine Zeit. Selbstbeschäftigung, die fällt schwer. Seitdem ich dich kenne, ist mein Kopf nie leer.

In freien Minuten drängst du in meine Gedanken. Ich lass’ dich gern ein, zum Freude tanken. Dein Lächeln vor Augen macht Kummer vergessen. Doch auf Freude folgt Sehnsucht, tut mich auffressen.

Das Verlangen nach dir ist allgegenwärtig. Ich muss mich ablenken, sonst macht es mich fertig. Ich will zuversichtlich in die Zukunft schauen. “Alleine sein” war doch früher auch kein Grauen.

So lese ich im letzten Sonnenlicht, versuche eins zu vermeiden: Gedanken an dich.